In den aktuellen iMacs und Mac minis bietet Apple neben herkömmlichen Festplatten und Flash-Speicher auch Fusion Drives als Speichermedium an. Was ist eigentlich ein Fusion Drive ? Wie funktioniert es, welche Vorteile hat es für den Anwender, und was muß man beachten ?
Ein Fusion Drive ist eine Kombination aus einem kleinen Flash-Drive und einer großen, herkömmlichen Festplatte, die von einem Betriebssystembestandteil (Core Storage) zusammengefaßt und verwaltet werden. In der Regel kombiniert Apple dabei ein 128GB Flash-Drive mit einer 1 TB oder 3 TB Platte. Für den Anwender soll im Ergebnis fast SSD Tempo dabei herauskommen.
Die Kombination aus schnellem Speicher und einer normalen Festplatte ist dabei weder neu noch ungewöhnlich. Auch die Festplattenhersteller kombinieren schon seit langem schnellen Speicher mit ihren HDs. In der Regel ist dieser schnelle Speicher sehr klein – es gibt aber auch Hersteller, die sogenannte Hybrid-Festplatten mit Flash-Speicher von mehreren Gigabyte anbieten. Ebenso funktioniert die Intel SRT Technik. Das Versprechen eines fast an eine SSD heranreichenden Geschwindigkeitszuwachses wird auch hier als Verkaufsargument angeführt.
Der Flash-Speicher auf Hybridplatten ist immer nur ein Cache. Was im Cache liegt, liegt auch auf der Festplatte; beim Zugriff wird der Cache bevorzugt und damit eine höhere Geschwindigkeit erreicht. Das gilt aber in aller Regel nur für die Daten, die zuletzt bewegt wurden und daher noch im Cache vorhanden sind.
Deutlich wird dieser Unterschied, wenn man sich die Größen der Platten anschaut: Eine 500 GB Hybrid-Platte mit 8 GB Cache ist und bleibt 500 GB groß. Ein Fusion Drive, das aus einer 500 GB Platte und einem 128 GB Flash Drive besteht, ist 628 GB groß.
Wer herausfinden möchte, ob in seinem Mac ein Fusion Drive zum Einsatz kommt, kann im Festplattendienstprogramm nachschauen. Wählt man dort das Volume aus, wird als Laufwerkstyp „Logische Volumegruppe“ angezeigt.
Ein Fusion Drive ist also nicht einfach eine Festplatte mit großem Cache-Speicher, sondern ein aus zwei Komponenten bestehendes Laufwerk. Im Gegensatz zu einem RAID besteht dieses Laufwerk aus sehr unterschiedlich schnellen Datenträgern. Die Daten werden von OS X je nach Zugriffshäufigkeit auf die beiden Datenträger verteilt.
Der Automatismus, der dafür sorgt, daß die Daten intelligent auf dem SSD- oder HD-Bereich des Fusion Drives abgelegt werden, heißt Automated Storage Tiering. Apple ist das erste Unternehmen, das diese Technologie auch für Endanwender einsetzbar anbietet. Bisher ist der Einsatz auf jeweils ein Pärchen aus SSD und herkömmlicher Festplatte begrenzt – denkbar sind aber Erweiterungen auf eine komplette Datenverwaltung, die Daten mit unterschiedlicher Priorität auf verschiedene Speichermedien verteilt. Sogar Offline-Speichersysteme (z.B. für archivierte Daten) sind denkbar.
Das Fusion Drive nutzt Anfangs immer die SSD. Erst wenn die SSD voll läuft, beginnt AST die Daten umzulagern. Selten genutzte Daten wandern auf die HD, häufig genutzte Daten verbleiben auf der SSD. Dabei werden immer 4 GB auf der SSD freigehalten, die als schneller Speicher für Schreibzugriffe zur Verfügung stehen. Werden also neue Daten auf die SSD geschrieben, wird umgehend umgelagert, bis wieder 4 GB frei sind.
Folgt darauf gleich wieder ein Schreibvorgang, hatte das Fusions Drive noch nicht die Möglichkeit, den Speicher wieder umzuorganisieren, und die Geschwindigkeit ist von vornherein auf das Tempo der HD beschränkt. Auch ein kurz vorher vorgenommenes Löschen größerer Datenmengen wird daran nicht viel ändern, denn zum einen weiß niemand, ob die gelöschten Daten auf der SSD oder der HD lagen – zum anderen benötigt die SSD in jedem Fall Zeit, um den als gelöscht vermerkten Platz wirklich zu räumen (vgl. auch unseren Artikel zu SSDs).
Wer also häufig größere Datentransfers vornimmt und ein hohes Tempo benötigt (Audio/Video etc.), kann von einem Fusion Drive kaum profitieren. Hier sollte man lieber auf eine SSD für Programme und System sowie ein schnelles RAID am Thunderbolt oder ggf. auch am USB3 Port setzen. Auch ein reiner SSD-Betrieb wird nur funktionieren, wenn immer großzügig freier Platz auf der SSD vorhanden ist.
Mit System 10.7 hat Apple den Zugriff auf Speichermedien grundsätzlich verändert. Das Verzeichnis der auf der Platte gespeicherten Files und die Partition sind nicht mehr direkt verbunden. Core Storage Technology nennt Apple diese Technik, die zwischen dem Filesystem auf der einen und der Plattenpartition auf der anderen Seite liegt. Da die direkte Verdrahtung aufgehoben ist, kann die Adressierung der Partition manipuliert werden. Im Fall eines Fusion Drives werden zwei Partitionen zusammengefaßt und von einem Filesystem bestückt. Aus Platte 1 und Platte 2 wird das logische Volume 3, das dann auch als einziges Laufwerk auf dem Schreibtisch auftaucht.
Entfernt ist das mit einem RAID vergleichbar. Allerdings kann die Core Storage Technologie deutlich mehr: sie verfügt über Arbeitsroutinen, die dafür sorgen, daß die Daten nach bestimmten Regeln verteilt und umgeschichtet werden.
Die Core Storage Technologie arbeitet auch dann weiter, wenn die eigentlichen Datenbewegungen beendet sind. Daten werden auf die HD ausgelagert, bis 4 GB frei sind. Oft benötigte Daten werden auf die SSD zurücktransportiert. Interessant dabei ist, daß nicht nur Teile eines Programms auf beiden Platten liegen können – es ist sogar möglich, daß Teile eines größeren Files verteilt auf beiden Platten liegen. Die Daten werden nicht auf Datei-, sondern auf Blockbasis (128k) bewegt und verteilt.
Kurz zusammengefaßt:
– Solange Schreibzugriffe die Größe von 4 GB nicht überschreiten (und die interne Umschichtung abgeschlossen war), laufen alle Schreibzugriffe über die SSD. Schreibzugriffe über 4 GB laufen nach Erreichen dieser Grenze direkt auf die Festplatte.
– Sobald weniger als 4 GB Platz auf der SSD vorhanden sind, schichtet das System seltener benötigte Daten auf die Festplatte um, bis wieder 4 GB auf der SSD frei sind.
– Werden Daten von der Festplatte häufig aufgerufen, werden sie ebenfalls dauerhaft auf die SSD umgelagert. Weniger oft benötigte Daten werfen stattdessen auf die Platte verlegt.
– Daten liegen nicht gleichzeitig auf der SSD und der HD.
Ja, natürlich. Die Core Storage Technology ist Bestandteil des Betriebssystems. Mit einigen Terminalbefehlen lassen sich auch handelsübliche Laufwerke zu einem Fusion Drive zusammenstellen. Da Apple allerdings einige Befehle (z. B. den Trim-Befehl) nur für von Apple gelieferte Hardware zuläßt, liegt das erreichte Tempo in aller Regel unter den Werten der originalen Fusion Drives.
Eine verständliche Anleitung zum Fusion Drive-Bau finden Sie zum Beispiel bei hardwrk:
Fusion Drive selbst erstellen – So geht’s
Werden die beiden Teile eines Fusion Drives physisch getrennt, verhält es sich genauso wie ein Software-RAID: Es mountet nicht und weist darauf hin, das ihm etwas fehlt. Wird der fehlende Teil ergänzt, erkennt das System das Fusion Drive ganz normal und aktiviert das Volume. Ein Fusion Drive läßt sich also auch von einem Rechner in einen anderen transportieren, wenn das Betriebssystem paßt und beide Laufwerke umgesetzt werden.
Große SSDs sind noch immer vergleichsweise teuer. Ein Fusion Drive ist für einen normalen Anwender, der etwas mehr Platz benötigt, eine sehr gute Alternative. Das System sorgt automatisch dafür, daß im normalen Betrieb die wichtigen Programme und Daten schnell zur Verfügung stehen. Urlaubsfotos, die man selten anschaut, verschwinden auf der kostengünstigen HD, während oft benötigte Dateien automatisch auf der schnellen SSD Platz finden.
Weniger sinnvoll ist der Einsatz eines Fusion Drives bei sehr großen Datentransfers, z.B im Videobereich.
Ein Fusion Drive verhält sich schon etwas anders als normale Laufwerke. Eine Partitionierung zum Beispiel ist nicht zu empfehlen. Technisch ist das zwar möglich, allerdings wird diese Partitionierung nur auf der HD vorgenommen. Die Geschwindigkeitsvorteile des Fusion Drives sind zumindest für die weitere Partition dahin.
Die Recovery Partition von Mac OS X wird ebenso nur auf der HD angelegt und nicht bewegt, was ja auch sinnvoll ist. Clone-Programme können die Recovery Partition nicht einfach übertragen wie bei normalen Festplatten. Bitte beachten Sie ggf. die Supportseiten Ihres bevorzugten Programms.
Was die Sicherheit der Daten angeht, ist ein Fusion Drive mit einem gestripeten RAID vergleichbar: Geht eines der beiden Laufwerke kaputt, sind alle Daten verloren. Eine regelmäßige Datensicherung ist daher noch wichtiger als bei einem einzelnen Laufwerk.
(b742/hr)